Donnerstag, 8. August 2013

Der Preis der Versöhnung...Soft Focus

Homme von Schuessel – Soft Focus

Der fröhliche Kapitalismus auf der einen Seite, der hässliche Kapitalismus auf der anderen Seite, dazwischen wir. Kapitalismus und schlechtes Gewissen, zwei Dinge die nicht zueinander passen. Die Reaktionen sind vorhersehbar. Ökofetischismus, Liebe zum Handwerk, eine Datsche in Brandenburg („Ich lebe in Berlin und Brandenburg.“). Immer schön das eine tun ohne das andere zu lassen. Und für die Erlösung hat man ja schon im Mittelalter gerne mal etwas tiefer in die Tasche gegriffen („Sobald der Gülden im Becken klingt im huy die Seel im Himmel springt“). Wenn man nur teuer genug kauft und „öko“, „bio“ oder „handgemacht“ drauf steht ist es auch schon gar nicht mehr so schlimm, dass man gut verdient, die Mieten hochtreibt, als Vielflieger die Umwelt schädigt und mit seinem alten Benz die Umwelt verpestet. Da wollen wir wieder Werte einführen, wie Qualität in Herstellung und Geschmack und vergessen, dass es auch andere Werte gibt. Der Starke fickt den Schwachen, der Reiche den Armen, der englischstämmige Banker aus Hongkong die kindliche chinesische Frau. Man kann sich auch an diesen Werten orientieren.

Wie auch immer. Man muss eine Entscheidung treffen oder sich zurückziehen und für immer die Klappe halten. Kämpfen oder Untergehen. Blablabla. Vorher muss man sich allerdings noch kurz entscheiden wofür man kämpft. Für das Gute ? Was ist das nochmal genau ? Für sich selber ? Da ist Anpassen doch viel einfacher. Oder einfach wechseln ? Heut hier morgen dort, ein anderer Job ein anderes Land, eine andere Meinung. Jedes Mal erfinde ich mich neu, jedes Mal kann ich wieder von vorne anfangen…KLATSCH….Ein brennender Schmerz auf meiner linken Wange. Ein tätowierter Chinese schreit mich an. Er trägt Rockerklamotten. Stiefel, Lederhose, eine mit Nieten besetzte Lederweste, kurz: er passt überhaupt nicht in die Gesellschaft der Hongkong-Banker und –Nutten. Ich bin platt. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Wie gesagt, der Chinesenrocker schreit mich an. Ich kann seine Spucke in meinem Gesicht spüren und denke nur: Hoffentlich steckt er mich nicht mit der Grippe oder sonst irgendeiner Chinesen-Krankheit an. Na ja, egal. Normalerweise fällt es mir ja schwer mich zu entscheiden. Egal ob es um eine Bestellung beim Essen geht, etwas zum Anziehen, was auch immer. Diesmal dauert es jedoch nur einen Bruchteil einer Sekunde bis ich weiß, was zu tun ist. Ich ziehe mein Messer und ramme es dem Chinesen ins Auge. Damit hatte er wohl nicht gerechnet, genauso wenig übrigens wie die umstehenden Banker und Nutten. Das sieht jetzt auch wirklich nicht gut aus für den Typen. Der Lonely Planet lobt zwar das hohe medizinische Niveau in Hongkong aber dieses Auge wird nie mehr Fernsehen gucken. Der Chinese schreit, die Banker schreien, die Nutten schreien. Ziemlich viel passiert zur gleichen Zeit. Ich ziehe das Messer raus, weil ich mir sicher bin, dass ich es noch mal gebrauchen kann. Schade eigentlich, es wäre bestimmt ein noch größeres Spektakel gewesen, wenn der Chinese noch eine Weile mit dem Messer im Auge über die Straße getaumelt wäre. Dann stehe ich auf, verlasse die Bar (ich habe zum Glück schon bezahlt) und gehe an der Schlange des Nudelstandes vorbei an dem ich eigentlich essen wollte. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt….


Kapitalismus von seiner sanften Seite: Homme von Schuessel